Vorgeschichte und Kauf
(von Arno Behr, Vorsitzender)
1984 wurde ich Mitglied der Sektion Charlottenburg, aus welcher der heutige AlpinClub Berlin hervorgegangen ist. Das Vereinsbüro befand sich damals in der Kantstraße 54 (Kantkino) in der vierten Etage in zwei winzigen Räumen. Die Anzahl der Mitglieder tendierte gegen 400. Gleich nach der Wende herrschte bekanntermaßen Goldgräberstimmung bei den Maklern, die Immobilienpreise explodierten. Unser Vermieter erhöhte schlagartig die Miete von 400 DM auf 1.200 DM. Sozusagen an der Quelle (war zu der Zeit bereits im Grundstücksmanagement tätig) und als Dankeschön für meine Wahl zum 2. Vorsitzenden "beschaffte" ich der Sektion für besagte 1.200 DM etwa 60m² große Gewerberäume in der Köpenicker Str. in Berlin-Kreuzberg. Jetzt zählten wir 585 Mitglieder.
Obwohl diese Räume (wenn auch einmal durch einen Wasserschaden total zerstört) schon viel ansprechender waren, wollte sich wegen der ungünstigen ÖPNV-Anbindung und wegen der, trotz zentraler Lage, etwas trostlosen Umgebung, kein so rechtes Heimatgefühl einstellen. Da war es schon riesiges Glück, dass Gerd und ich (seit 1995 bin ich erster Vorsitzender) 1999 dem damaligen Bezirksstadtrat für Jugend, Familie, Bildung und Sport, Herrn Statzkowski, anlässlich einer privaten Audienz beleidigt vortrugen, dass der Bezirk überhaupt keine Notiz von der Sektion Charlottenburg (die seit dem 04. Feb. 1999 AlpinClub Berlin heißt) - zu dem Zeitpunkt schon mehr als 1.000 Mitgliedern hat - nimmt und die Sektion in keiner Weise finanziell unterstützt. Da auch damals die öffentlichen Mittel schon knapp waren, fragt er, was er denn sonst für uns tun könne. Wir erwiderten, wir suchen ein neues Domizil. Völlig überraschend für uns bemerkte Herr Statzkowski spontan, dass er uns helfen könne und schlug vor, die Spielhagenstraße 4, ein wenig genutztes Gebäude des Bezirksamtes, zu besichtigen. Sofort waren wir Feuer und Flamme, ein ganzes Haus für uns allein, kaum vorstellbar. Die anfängliche Euphorie wurde auf eine harte Probe gestellt, da sich die weiteren Verhandlungen auf Sachbearbeiterebene als ausgesprochen mühsam erwiesen. Ich weiß nicht, wie viele Telefonate ich so von Kollegen zu Kollegen geführt habe, ehe wir endlich mit Wirkung vom 01. Mai 2000 den Mietvertrag geschlossen hatten.
Nun könnte man denken, die da im Vorstand geben jetzt Ruhe und konzentrieren sich ausschließlich darauf, attraktives Vereinsleben - im Wettbewerb mit drei weiteren Berliner Sektionen - zu organisieren und zu gestalten. Hat der Vorstand auch wirklich gemacht, denn sonst wären sicherlich die Mitgliedszahlen nicht so rapide angestiegen. Aber man kann ja das eine erfolgreich tun, ohne das andere gänzlich aus den Augen zu verlieren. Schließlich verdiente ich immer noch meine Brötchen damit, Gewerbegrundstücke an den Mann zu bringen, kenne also das Geschäft und hatte längst - beflügelt durch die Zuwachsraten - Lust, einen Erwerbsantrag für unsere Miet-Immobilie zu stellen. Neben der soliden wirtschaftlichen Lage des Vereins gab es außerdem immer noch einen Sparstrumpf (Dank an meine Vorgänger), der die Erträge aus einem früheren Hüttenverkauf enthielt und der aus mehrerlei Gründen möglichst rasch (wieder für einen Hüttenkauf) verwendet werden sollte.
Also setzte ich mich am 31. Oktober 2003 hin und schrieb einen formlosen Erwerbsantrag an das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Bereits am 03. Nov. des gleichen Jahres erhielt ich eine Abgabenachricht, dass mein Antrag an das Büro des Bezirksstadtrates der Abt. Wirtschaft, Liegenschaften, Organisation und Bibliotheken weitergeleitet worden sei. Dann trat erst einmal Ruhe ein. Am 19. Dez. traute ich mich, mal nachzufragen und nochmals den Antrag und die Abgabenachricht an das Amt zu faxen. Noch am gleichen Tag erhielt ich die nächste entschuldigende Zwischennachricht. Am 14. Mai 2004 überwand ich meine Hemmungen, "einen Kollegen in die Pfanne zu hauen" und recherchierte telefonisch den Sachstand, wobei ich den Sachbearbeiter-Level vorsorglich in Richtung oben verließ. Schon am 16. Sept. 2004 teilet mir besagte Abteilung beim BA mit, dass der "Antrag auf Erwerb des Grundstücks mit den dazu erforderlichen Unterlagen an den Liegenschaftsfonds Berlin abgegeben worden ist.
Ab jetzt war die Bearbeitung sehr effizient. Noch in der Sitzung des Steuerungsausschusses am 15. Dez. 2004 wurde grundsätzlich einem Verkauf des Hauses mit Grundstück an den AlpinClub zugestimmt. Der Sachbearbeiter beim Fonds informierte mich regelmäßig und umfassend über alle weiteren Schritte. Ein Verkehrswertgutachten wurde seitens des Fonds in Auftrag gegeben.
Schon am 18. Feb. 2005 unterbreitete der privatwirtschaftlich organisierte "Kollege" ein konkretes Kaufangebot in akzeptabler Höhe. Rechtzeitig zur Mitgliederversammlung waren wir so in der Lage, über die grundsätzliche Kaufabsicht detailliert zu informieren und die geplante Finanzierung darzustellen.
Am 11. April 05 - ein Kaufvertragsentwurf lag mittlerweile vor - trabten Gerd und ich zum Vereinsnotar besprachen weiter Einzelheiten, erteilten Erwerbsauftrag. Wieder vergingen nur ganz wenige Tage, bis am 22. April der Fonds mitteilte, dass inhaltlich zum Kaufvertrag Konsens hergestellt worden sei und sofern unsererseits der Eigenkapitalnachweis vorliege, ein Beurkundungstermin vereinbart werden kann. Jetzt folgten Uwes (Schatzmeister) große Stunden. Parallel "ereilte" uns unverhofft vom Bezirk noch ein Erschließungskosten-Bescheid: "Da sich besagtes Grundstück im Eigentum der damaligen Stadtgemeinde Charlottenburg befand, gelangten die auf das Grundstück entfallenden Regulierungskosten von rd. 5.000 DM im Jahr 1908 nicht zur Einziehung. Dieser Betrag ruht noch heute bis zu einem künftigen Eigentumswechsel....Wenn das Grundstück an einen Dritten übereignet....wird, wird künftig eine Erschließungsbeitragspflicht von rd. 2.500 EURO entstehen". Der Fonds zeigte sich einsichtig/nachgiebig und reduzierte den Kaufpreis dankenswerter Weise um besagten Betrag. Wir schafften aktuelle Registerauszüge bei, endverhandelten mit den Banken die Finanzierung und beurkundeten am 04. Juli 2005 den Kaufvertrag. Lastwechsel soll der 01. August 2005 sein.
Sicher wird es schon noch ein paar Wochen dauern, bis alle Formalitäten erfüllt, das Finanzamt befriedigt und der Vertrag katastermäßig vollzogen ist, dennoch wage ich schon jetzt von einem epochalen Moment in unserer Vereinsgeschichte zu sprechen. Sicher, Eigentum verpflichtet und die eigentlichen Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten fangen jetzt erst an, auch hat es auf Gerd seinen "Hausmeister-Aufruf" keine Resonanz gegeben(!), trotzdem bleibe ich dabei, der erfolgreichen Vereinsgeschichte des ACB ist wieder ein weiteres wichtiges Mosaiksteinchen hinzu gefügt worden.
Die Finanzierung ist solide; es mussten weder Schulden gemacht, noch muss aus Gründen des Hüttenerwerbs der Beitrag erhöht werden. In Abhängigkeit von den noch nicht exakt bezifferbaren Betriebskosten (Steuern, Versicherungen, Schneebeseitigung, Strom, Heizung, etc.) ist es sehr wahrscheinlich, dass wir unterm Strich (bisherige Miete und Nebenkosten auf der einen Seite, Zinserträge auf Rücklagen auf der anderen Seite) plus machen.
Viel Dank all den (wenigen) Beteiligten, dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin und vor allen Dingen dem Liegenschaftsfonds Berlin.
Arnold Behr
Das Gebäude
(von Gerd Schröter, 2. Vorsitzender)
Die Vermutung, dass es sich bei dem Haus in der Spielhagenstraße 4, in Berlin-Charlottenburg um ein historisches Relikt handele, bestätigte sich bei der Einsicht in die Bauakten beim Bauarchiv des Bezirksamtes Charlotten-burg/Wilmersdorf am 15.07.2005 durch den 2. Vorsitzenden Gerd Schröter leider nicht. Auf der anderen Seite sind wir so von denkmalschützerischen Auflagen befreit.
Es lagen dort zwei Aktenordner vor + vom Bauantrag 1927 bis ca. 3 Jahre danach + vom Einbau neuer Feuerstätten 1961 bis jetzt
Präambel
1705 verfügte König Friedrich I, dass die südlich des Schlosses gelegene kleine Ansiedlung an der jetzigen Schloßstrasse Stadtrechte und den Namen Charlottenburg nach seiner verstor-benen Frau Sophie-Charlotte erhielt. Die südliche Grenze der „Stadt“ bildete die heutige Zillestraße, vormals Wallstraße genannt. Dieses Gebiet gilt nunmehr als sog. Altstadt von Charlottenburg.
Mit der Anlage und Bebauung der Spielhagenstraße (nächste Querstraße südlich der Zillestraße) vor etwa hundert Jahren blieb zwischen den Grundstücken Nr.3 und Nr.6 lange Jahre eine hässliche Baulücke, die sich wegen ihrer geringen Tiefe von 5 bis 7m kaum zu einer Bebauung eignete.
1927 stellte der städtische Blindenverein (Blinden Arbeitsgemeinschaft) bei der Stadtgemeinde Charlottenburg das Gesuch, auf dem städtischen Grundstück Nr. 4 eine Blindenwerkstadt mit Wohnung bauen zu dürfen. Das Grundstück ist etwa 18 m lang und 5,60 m (östlich) bzw. 6,50 m (westlich) breit. Der Bezirk Charlottenburg tat sich schwer mit der Genehmigung. Beantragt wurde die vollständige Überbauung des gesamten Grundstückes, genehmigt werden könne jedoch nach den derzeitigen Vorschriften nur eine 60%-ige Bebauung der Fläche. Danach wären etwa 40 qm Hoffläche auf der Rückseite vorgeschrieben gewesen, was aber nie zu einer vernünftigen Bebauung hätte führen können.
Da die Stadtväter aber an einer Schließung der Baulücke interessiert waren, erdachten sie sich folgende schlitzohrige Beweisführung: Als um die Jahrhundertwende die Spielhagenstraße in ihrer jetzigen Breite angelegt wurde, hat man den schlechten Schnitt der Grundstücke Nr. 4 und 5 in Kauf genommen; so könne man jetzt getrost auch nach dem damaligen Baurechtverfahren, dass seinerzeit eine 100%-ige Bebauung erlaubte, und den Bauantrag genehmigen.
So ist dann das Haus in seiner heutigen Form gebaut und am 5.8.1927 die Gebrauchsabnahmebescheinigung erstellt worden. Das Haus hatte nach den vorliegenden Plänen von damals etwa das gleiche Aussehen wie jetzt: vier Fenster links der Haustür und drei Fenster rechts davon. Neben der Tür rechts und links je ein kleines Fenster für WC’s und oben im Dachgeschoß in den Fensterachsen des Erdgeschosses kleine Oberlichter – insgesamt 9 Stück.
Am Ende des kleinen Flures gab es links und rechts unter etwa 45° je eine Tür. Die linke führte in die Blindenwerkstatt, die rechte in die Wohnung (Werkstattleiter/Hausmeister). Von einem Niveauunterschied der Fußböden des linken und rechten Teiles, so wie heute, war auf den Plänen von 1927 nichts zu ersehen. Die Wohnung bestand aus einer Küche als Durch-gangsraum (heutige Bücherei) und dahinter einem Zimmer (heutiges Büro). Der kleine Raum rechts neben der Haustür (heute die Material-Ausleihe) war geteilt; der vordere Teil ist als Abstellraum von der Küche her zu betreten, der hintere Teil als WC hatte gleich hinter der Wohnungstür rechts seinen Eingang. Vom Flur nach links gingen so wie auch heute noch zwei kleine WC ab. Das Dachgeschoß war ausschließlich als Lagerraum gedacht. Es ist nicht ersichtlich, wie lange die Blindenwerkstatt hier untergebracht war.
Mit dem 18.4.1961 wurde der Einbau neuer Feuerstätten in Form von zwei Einzel-Ölöfen genehmigt. Auf den Plänen ist das Gebäude schon als Jugendheim deklariert. Im Jahre 1985 tauchen Akten auf, die eine Nutzungsänderung von Blindenwerkstatt in Jugendfreizeitheim zum Inhalt haben; der Antrag wird genehmigt. Zu dieser Zeit ist bereits links eine offene Küchenzeile vorhanden (ähnlich wie heute), der rechte Gebäudeteil besteht nun aus einem einzigen Raum, das erste und dritte Fenster auf der rechten Hausseite sind nicht vorhanden, bzw. zugemauert. Noch aber bestehen drei WC und ein Abstellraum wie zuvor. In dem Abstellraum unter der Treppe wird das Heizöl gelagert. Die Pläne zeigen hier zum ersten Mal eine unterschiedliche Höhe der Räume links und rechts des Einganges von 16 cm, so wie es auch heute noch der Fall ist. Es scheinen bereits statt der 9 Oberlichter im Dachgeschoß zwei Dachgaubenfenster eingebaut zu sein.
1995 findet der nunmehr letzte Umbau statt; das Haus erhält sein heutiges Aussehen. Das Ge-bäude wird als Dienststelle für den sozialpädagogischen Dienst des Bezirks Charlottenburg hergerichtet; es sollen acht Kräfte beschäftigt werden. Es wird eine abgeschlossene Küche eingebaut, der rechte Raum wird wieder geteilt, die heutige Bücherei gilt als Warteraum, die Fenster auf der rechten Seite werden wieder geöffnet, im Dachgeschoß werden zwei weitere Dachgaubenfenster eingebaut und teilweise als Notausstieg hergerichtet (vorgeschriebene Höhe und Breite), das Obergeschoß kann nach Einbau von feuerhemmendem Material und einer Wärmeisolierung, die im Sommer eine Maximaltemperatur von 26° C garantiert, nun als Büroraum verwendet werden.
Im Erdgeschoß werden die beiden kleinen Räume auf der rechten Seite zu einem Abstellraum (heute Materialausleihe) zusammengelegt.
Es wird die Genehmigung vom hinteren Nachbarn eingeholt die Rückseite des Gebäudes mit einer 10 cm dicken Wärmedämmung zu versehen zu dürfen (würde auf das Nachbargrundstück ragen, Genehmigung liegt beim Bau-Archiv). Im Gegenzug lässt der Bezirk vom Grünflächenamt auf dem hinteren Nachbargrundstück ein paar Bäume kostenlos beseitigen, die das Fundament unseres Gebäudes bedrohen. Das wäre sonst wohl Sache des Nachbarn gewesen, weil er Gefahren, die von seinem Grundstück ausgehen, auf eigene Kosten beseitigen muß. Die Wärmedämmung ist allerdings niemals angebracht worden.
Der Umbau wurde am 22.06.1995 abgenommen. Im Jahre 2004 ist die rückwärtige Außenwand einschl. Fundament im Auftrag des Bezirksam-tes neu verputzt worden. Die Fußbodenfliesen in den beiden Abstellräumen sind von der Sektion verlegt worden, ebenso wurde von uns die Trennwand (mit Tür) im Dachgeschoß zwischen Besprechungs- und Abstellraum eingebaut.
Am 04. Juli 2005 wurde der Kaufvertrag zum Erwerb unserer Geschäftsstelle unterschrieben.
Im Dezember 2005 sind ringsherum alle Außenwände gegen aufsteigende Feuchtigkeit durch eine chemische Sperre isoliert worden. Dazu wurden im Abstand von 20 bis 30 cm und etwa 30 cm über dem Fußboden von innen Löcher in das Mauerwerk gebohrt in welche anschließen eine chemische Flüssigkeit gedrückt wurde, die sich dann im Mauerwerk verteilen sollte. Ein Jahr später wurde mit der Innenrenovierung (Tapeten, Anstrich) der Räume begonnen.
Zur Jahreswende 2005/2006 wurde eine neue Haustür aus braun-eloxiertem Alu (innen weiß) eingebaut und anschließend auf dem Oberlicht die Beschriftung „AlpinClub Center“ aufge-klebt. Im Dezember 2006 ist die PC-Anlage erneuert worden; im Januar 2007 die Telefonanlage.